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Gibbons sind Menschenaffen. Die Gibbons (Familie Hylobatidae) bilden - zusammen mit den Grossen Menschenaffen - die Überfamilie der Menschenaffen (Hominoidea). Man bezeichnet die Gibbons auch als die Kleinen Menschenaffen. Mit 19 Arten sind die Gibbons allerdings die grösste Gruppe der Menschenaffen.
Gibbons leben in den immergrünen tropischen Regenwäldern Südost-Asiens. Sie sind an das Leben in den Baumwipfeln angepasst. Gibbons ernähren sich vor allem von Früchten, nehmen aber auch Blätter, Triebe und kleine Tiere zu sich.
Gibbons leben in kleinen Familiengruppen von 2-6 Tieren (Monogamie). Diese Sozialstruktur kommt nur bei etwa 3% aller Säugetiere vor. Jede Gruppe besteht aus einem erwachsenen Paar und seinen Jungtieren. Jede Gruppe bewohnt ein Territorium von 20-45 Hektaren, das heftig gegen andere Gruppen verteidigt wird. Gibbon-Paare halten viele Jahre lang zusammen.
Gibbons bewegen sich schwinghangelnd an den Armen (Brachiation) oder aber zweibeinig (Bipedie) fort. Das spektakuläre Hangeln macht Gibbons zu den akrobatischsten aller Affen. Beim schnellen Hangeln scheinen die Gibbons förmlich durch die Baumkronen zu fliegen. Die bipede Fortbewegung auf den Ästen oder am Boden ist im Tierreich das beste Modell für die Evolution des menschlichen Ganges.
Gibbons weisen zahlreiche anatomische
Besonderheiten
auf, die in Zusammenhang mit ihrer ungewöhnlichen Fortbewegung stehen.
Die Arme
sind z.B. auffällig verlängert. Gibbons haben - relativ zur
Körpergrösse
- die längsten Arme aller Affen. Gibbons wiegen je nach Art nur 5-12 kg
(daher
Kleine Menschenaffen). Ihre leichte Bauweise ermöglicht den Gibbons das
Früchtesammeln
auch an dünnen Ästen. Als typisches Merkmal der Menschenaffen tragen
Gibbons
keinen Schwanz.
(2.6MB) | Hier sehen Sie einen kurzen Videoclip wildlebender Gibbons (Hylobates muelleri) beim Hangeln in den Baumkronen. (Aufnahme: Yoichi Inoue). |
Wir unterscheiden vier Gattungen von Gibbons. Sie liegen verwandtschaftlich weiter auseinander als Mensch und Schimpanse.
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Hulocks: |
Kleingibbons: |
Schopfgibbons: |
Siamangs: |
Das riesige Verbreitungsgebiet der vier Gibbon-Gattungen erstreckt sich über fast ganz Südost-Asien. Gibbons sind über fast ganz Indo-Burma und Sundaland verbreitet. Dies sind zwei der biologisch reichsten und am meisten bedrohten terrestrischen Ökoregionen der Welt.
Gibbongruppen äussern frühmorgens
spektakuläre
Gesänge, die 1-2 km weit hörbar sind. Gesänge sind bei Säugetieren
sehr selten. Gibbons äussern die komplexesten Gesänge aller Landsäuger.
Gibbongesänge dauern meist 10-30 Minuten. Am Gesang lassen sich
Gibbonart, Geschlecht
und Individuum erkennen. Die Gesänge dienen vermutlich der
Reviermarkierung
und der Partnerfindung.
(3.3MB) | Hier sehen Sie einen Video-Ausschnitt aus dem Männchengesang des Weisswangen-Schopfgibbons (Nomascus leucogenys) (Aufnahme: Thomas Geissmann). |
Verpaarte Gibbons der meisten Arten singen oft in
genau koordinierten
Duetten zusammen. Duettgesänge dienen vermutlich der Anzeige der
Paarbindung
oder der Stärkung der Paarbindung. Gibbongesänge sind vermutlich das
beste
Modell für die Evolution der menschlichen Musik, da beide auf dieselben
genetisch
angelegten Rufmuster zurückgehen.
(6.8MB) | Hier sehen Sie einen aus dem Duettgesang der Siamangs (Symphalangus syndactylus) (Aufnahme: Andrea About). |
Die kognitiven Fähigkeiten der Gibbons wurden bisher kaum untersucht. Gibbons können sich im Spiegel selbst erkennen, was generell als Indiz für das Vorhandensein eines Selbstbewusstseins gilt. Dieses Merkmal teilen Gibbons nur mit den Grossen Menschenaffen und dem Menschen.
Abbildung: Dieser Gibbon inspiziert seine Mundhöhle im Spiegel (links) und nimmt ungewöhnlich Körperstellungen ein (rechts). Er ist offensichtlich daran interessiert, sich selber im Spiegel zu untersuchen (Aufnahmen: Maria Ujhelyi).
Gibbons beinhalten nicht nur die am meisten bedrohten Menschenaffen, sondern auch die am meisten bedrohten Affen weltweit. Mehrere Gibbonarten sind unmittelbar vom Aussterben bedroht. Die Bedrohung der Gibbons wird in den Medien praktisch ignoriert. Gibbons sind die wirklich vergessenen Menschenaffen und brauchen dringend unsere Hilfe.
Abbildung: Gewilderter Kappengibbon (Hylobates pileatus) in Kambodscha (Aufnahme: Ian Baird).
Obwohl Gibbons die artenreichste Gruppe der Menschenaffen sind, wurden sie bisher kaum erforscht. Wir wissen fast nichts über ihr Sozialleben und ihre mentalen Fähigkeiten. Mehrere Arten wurden im Freiland noch nie untersucht, noch nie gefilmt und noch nie in Gefangenschaft gezüchtet. Gibbons repräsentieren vermutlich das grösste Potenzial zum Verständnis der Evolution von Menschenaffen und Menschen.
Es gibt noch mehr im Internet!
Alles über Gibbons: www.gibbons.de
Website der Gibbon Conservation Alliance